NEUE ZUGVERBINDUNG: FüR ZEHN EURO VON BERLIN DIREKT NACH AMSTERDAM

Berlin bekommt eine neue internationale Zugverbindung – und einen neuen Zugbetreiber. Go Volta, ein Unternehmen aus den Niederlanden, will auf drei Bahnstrecken einen täglichen Betrieb aufnehmen. Eine dieser Routen wird Berlin mit Hannover und Amsterdam verbinden. Maarten Bastian, Chef und Mitgründer von Go Volta, erklärte der Berliner Zeitung, wie das Angebot aussehen wird. Weil Nachtzüge nicht gewinnbringend zu betreiben seien, werden die neuen Züge tagsüber verkehren. 

Wettbewerb belebt das Geschäft. Schon jetzt können Reisende zwischen Berlin und den Niederlanden unter mehreren Betreibern wählen. Auf der zweistündlich befahrenen Intercity-Linie nach Amsterdam arbeiten die Deutsche Bahn und die ebenfalls staatliche Nederlandse Spoorwegen (NS) zusammen. Seit Dezember entfällt der Lokwechsel an der Grenze. Weil die Mehrsystemloks vom Typ Siemens Vectron 193 bis Berlin durchfahren, ist die Fahrzeit um mehr als 30 Minuten auf unter sechs Stunden gesunken. Vor rund elf Monaten nahm der private Nachtzug European Sleeper den Betrieb auf. Er verbindet dreimal wöchentlich Belgien und die Niederlande mit Berlin und Prag.

Mit Go Volta kommt im nächsten Jahr ein weiterer privater Zugbetreiber dazu. „2025 starten wir mit drei Strecken“, kündigte Firmenchef Bastian an. Den Anfang soll am 1. Mai 2025 die Verbindung zwischen Berlin und Amsterdam machen. Vorgesehen ist, dass am 3. Juni die Route Amsterdam–Kopenhagen startet – ebenfalls täglich. Amsterdam–Basel soll dann am 3. Juli ans Netz gehen, wo es dreimal wöchentlich eine Fahrt geben wird. Inzwischen hat Go Volta den Infrastrukturbetreibern seine Fahrplankonzepte übergeben. Danach wäre der neue Zug von der deutschen in die niederländische Hauptstadt vier Minuten schneller als der Intercity – weil er vier Stopps auslässt.

Und so sieht der Wunschfahrplan für die neue Ost-West-Route aus: Laut Konzept soll der Zug GV325 Amsterdam Centraal täglich um 8.34 Uhr verlassen. Mit Halten in Amersfoort (Abfahrt 9.05 Uhr), Deventer (9.39 Uhr) und Hengelo (10.13 Uhr) geht es über Bad Bentheim (10.34 Uhr), Osnabrück (11.12 Uhr) und Hannover (12.19 Uhr) nach Berlin Hauptbahnhof (14.16 Uhr). Geplant ist, dass der Zug GV324 von dort um 14.39 Uhr zurückfährt. In Hannover soll er um 16.32 Uhr eintreffen, in Osnabrück um 17.39 Uhr und in Bad Bentheim um 18.16 Uhr. Nach Stopps in Hengelo (18.38 Uhr), Deventer (19.16 Uhr) und Amersfoort (19.53 Uhr) soll Amsterdam um 20.29 Uhr erreicht werden.

„Ein Ticket von Berlin nach Amsterdam wird durchschnittlich 25 Euro kosten“, kündigte Go-Volta-Chef Bastian an. Es werde aber auch schon Fahrkarten ab zehn Euro geben. Die Züge werden aus einer Economy-Klasse sowie einer Komfort-Klasse bestehen, und sie fahren unter dem Namen Go Volta.

„Die Züge werden geleast, da dies übliche Praxis ist“, berichtete Bastian weiter. Woher die Fahrzeuge kommen werden, sei noch nicht klar. „Wir befinden uns derzeit in einem Auswahlprozess mit verschiedenen Anbietern von Wagen“, kündigte der Unternehmenschef an. „Wir werden bald eine endgültige Entscheidung treffen. Es wird sich um internationale Intercity-Wagen handeln, die mit Steckdosen, USB-Anschlüssen, Klimaanlage und einem erneuerten Interieur ausgestattet sind.“

„2025 werden wir eine Flotte von sechs Zügen haben“, hieß es bei Go Volta. Doch dabei soll es nicht bleiben, denn das Unternehmen aus Breda schmiedet bereits weitere Zukunftspläne. So solle der Bestand 2026 auf zwölf Züge und weitere Strecken wachsen, kündigte Maarten Bastian an.

Doch um was für ein Unternehmen handelt es sich eigentlich? Zu Go Volta gehören Green City Trip und Flywise. „Unsere Mission ist es, erschwingliche internationale Zugreisen anzubieten. Eine Alternative zu Flugzeug und Auto anzubieten, das ist es, womit wir konkurrieren wollen“, so Bastian.

„Wir haben 2010 begonnen und sind ursprünglich ein Reiseveranstalter, der sich auf Städtereisen spezialisiert hat“, berichtete der Niederländer. Mehr als elf Jahre wurden die Kunden mit Flugzeugen befördert, da es keine praktikablen Lösungen für touristische Massenreisen zu wettbewerbsfähigen Preisen gab, wie es heißt. „Seit 2021 betreiben wir Nachtzüge, da wir unseren Kunden eine nachhaltigere Reisemöglichkeit bieten wollten. Im Oktober 2021 haben wir unseren ersten Nachtzug geleast, mit einer Länge von 500 Metern und 730 Betten an Bord. Wir betreiben Züge von Amsterdam zu verschiedenen Zielen wie Prag, Venedig, Göteborg und Wien“, teilte Bastian mit.

In den vergangenen zweieinhalb Jahren habe der Nachtverkehr eine Auslastung von 93 Prozent erreicht, sagte er. „Darüber hinaus haben wir eine Partnerschaft mit Tui begonnen.“ In zwei Wintern gab es den Tui-Ski-Express in die österreichischen Alpen, der auch deutsche Städte wie Köln, Bonn, Koblenz und Frankfurt am Main passierte.

Doch das unternehmerische Fazit fällt ernüchternd aus – auch für jene, die sich für Europa mehr Nachtzüge als klimafreundliche Alternative zum Flugverkehr wünschen. „Trotz der hohen Auslastung haben wir festgestellt, dass es unmöglich ist, diese Züge profitabel zu machen“, stellte Maarten Bastian fest. Die Kosten seien zu hoch, Flüge und Autofahrten seien günstiger. Zudem schlafe rund die Hälfte der Kundschaft in Nachtzügen nicht gut. „Daher kann der Nachtzug als Nischenprodukt betrachtet werden. Wir glauben, dass er immer eines bleiben wird“, analysierte der Go-Volta-Chef.

Die Analyse deckt sich mit anderen Einschätzungen. Experten weisen darauf hin, dass Schlaf- und Liegewagen innerhalb von 24 Stunden meist einmal hin und zurück fahren, entlang der Route können sie viele Relationen nicht abdecken. Tageszüge seien flexibler einsetzbar, sie könnten deutlich höhere Fahrgastzahlen sowie Erträge erzielen, und sie brauchten weniger Personal, heißt es. Die DB hat sich mit Verweis auf Defizite aus dem Betrieb von Schlaf- und Liegewagen 2016 zurückgezogen. „Mit jedem Tag, mit jeder Fahrt wird Geld verbrannt“, sagte ein Privatinvestor von European Sleeper. Dessen Chef Elmer van Buuren formulierte es Ende März so: „Wir wollen 2024 profitabel werden.“

Aufgrund der Analyse habe Go Volta beschlossen, den Fokus auf Tageszugverbindungen zu verlagern, erklärte Maarten Bastian jetzt. Sie könnten kostengünstiger betrieben werden. Die Leasingraten seien niedriger, der Personalbedarf und die Betriebskomplexität geringer. Ein Tageszugwagen könne im Schnitt rund doppelt so viele Fahrgäste befördern wie ein Nachtzugwagen. Deshalb könnten niedrigere Fahrpreise angeboten werden. Unterm Strich würden Tageszüge mit Flugzeugen und Autos gut konkurrieren.

„Unser Fokus liegt auf den Freizeitreisenden. Wir werden Fahrkarten verkaufen, bieten aber auch die Möglichkeit, diese mit einem Hotelaufenthalt und Ausflügen am Zielort zu kombinieren“, so Bastian. „Wenn der Kunde ein Element wie ein Hotel zu seinem Zugticket hinzufügt, handelt es sich um eine Pauschalreise. Das bedeutet, dass wir die volle Verantwortung für die Durchführung der Reise übernehmen und der Kunde sich im Falle von Problemen unterwegs keine Sorgen machen muss.“ Anschlusstickets, die andere Betreiber betreffen, soll es dagegen weiterhin nicht geben. Go Volta werde aber Fahrkarten für den European Sleeper verkaufen, kündigte das Unternehmen an.

Dass es auch um Touristik geht, zeigt der Fahrplan für die Route nach Südwestdeutschland. Während der Fahrt von Amsterdam (8.00 Uhr) zum Badischen Bahnhof in Basel (15.44 Uhr) dienstags, donnerstags und sonnabends soll der Zug GV323 nicht nur in Städten wie Köln (10.58 Uhr), Mannheim (13.28 Uhr) und Freiburg (15.10 Uhr) halten, sondern auch an einem Touristen-Hotspot. Ein Stopp ist in Ringsheim/Europa-Park vorgesehen, am meistbesuchten Freizeitpark im deutschsprachigen Raum.

Mit dem täglichen Zug Amsterdam–Kopenhagen bekommen die Niederlande und Dänemark 2025 eine vor Jahren eingestellte direkte Bahnverbindung zurück. Auch von und nach Hamburg wäre kein Umsteigen mehr erforderlich. Das Fahrplankonzept sieht vor, dass Zug GV302 Amsterdam um 7.34 Uhr verlässt. Über Bremen (Abfahrt 11.09 Uhr) und den Hamburger Hauptbahnhof (12.05 Uhr) ginge es mit Stopps in Padborg, Kolding, Odense und Ringsted nach Kopenhagen, wo er um 16.44 Uhr eintreffen soll.

Wenn jemand anders ebenfalls internationale Zugverbindungen in die Niederlande einrichten möchte: gern! Go Volta möchte ein Eisenbahnverkehrsunternehmen werden, was voraussichtlich bis zum ersten Vierteljahr 2025 dauern werde, hieß es. „Wir werden es auch anderen Zugunternehmen zur Verfügung stellen“, warb Maarten Bastian. „Der Grund ist, dass wir den internationalen Zugverkehr weiter fördern möchten. Jeder ist willkommen. Konkurrenz ist gesund für die Entwicklung des Marktes.“

Doch für jede Zugfahrt müssen mit den jeweiligen Infrastrukturbetreibern Trassen und Stationshalte vereinbart werden – ein aufwendiger Prozess. Zudem stellen die Betreiber spürbare Kosten in Rechnung, die zudem stetig steigen. Darum werde das Projekt, auch zwischen Amsterdam und Paris zu fahren, auf 2026 verschoben, hieß es bei Go Volta. „Aufgrund betrieblicher Schwierigkeiten in Frankreich“, wie Maarten Bastian erklärte.

European Sleeper erlebt bereits, wie herausfordernd es dort ist. Das Unternehmen plant einen Nachtzug von Amsterdam nach Barcelona. Weil es der Netzbetreiber SNCF Réseau aber offenbar nicht schafft, sinnvolle Trassen zu garantieren, rief European Sleeper die  Regulierungsbehörde ART an. Ob der Nachtzug 2025 starten kann, ist fraglich. 

2024-04-19T04:25:42Z dg43tfdfdgfd