KONSORTIUM KAUFT FTI FüR EINEN EURO

Der erste Retter war ein Ägypter, der zweite ist Amerikaner. Und so erhält der Reiseanbieter FTI Touristik aus München zum zweiten Mal binnen weniger Jahre eine neue Eigentümerstruktur. Ein Konsortium um den Finanzinvestor Certares, den der frühere JP-Morgan-Investmentbanker Greg O’Hara aufgebaut hat, übernimmt das Unternehmen komplett, das hinter TUI und der Rewe-Reisesparte Dertour die Nummer drei auf dem hiesigen Urlaubsmarkt ist. FTI gab am Dienstag dem Abschluss der Investorensuche für das seit der Corona-Pandemie staatlich gestützte Unternehmen bekannt.

Der Kaufpreis dürfte mit einem Euro bloß ein symbolischer Betrag sein. FTI hat zwar für 2023 ein Erstarken des Umsatzes auf 4,1 Milliarden Euro und die Rückkehr in die operative Profitabilität gemeldet. Im letzten verfügbaren Jahresabschluss zum 31. Oktober 2022 betrug die wirtschaftliche Eigenkapitalquote des Unternehmens aber bloß 2,4 Prozent. FTI sollen nach eigenen Angaben im Zuge der Übernahme nun 125 Millionen Euro frisches Kapital „für die nächste Wachstumsphase und die Finanzierung der digitalen Transformation“ zufließen.

Auch der bisherige Mehrheitseigner, die Familie um den ägyptischen Immobilien- und Tourismusunternehmer Samih Sawiris, sei bereit, „finanzielle Unterstützung und weitere Investments“ zu leisten. Die Familie war in der Pandemie über ihr Luxemburger Investment-Vehikel SOSTNT vom Minderheits- zum Mehrheitseigner aufgestiegen. Der Schritt galt damals als Voraussetzung für die staatliche Stützung. Nun ziehen sich die Ägypter, die FTI schon insgesamt mit einem dreistelligen Millionenbetrag unterstützt haben, nicht zurück, sondern sie sind dem Vernehmen nach Teil des von Certares geführten Konsortiums.

Hoher Schuldenstand wird zur Herausforderung

Das aktuelle Reisejahr hat für die Branche mit hohen Frühbucherzahlen für den Sommer begonnen. Davon profitiert auch FTI. Eine der größten Herausforderungen für das Unternehmen ist aber der hohe Schuldenstand. FTI hatte in der Corona-Pandemie vom Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) 595 Millionen Euro im Form von Nachrangdarlehen und einer stillen Einlage erhalten. Dazu kam ein Bankdarlehen über 280 Millionen Euro, das der Bund und das Land Bayern zu 90 Prozent mit einer Bürgschaft absicherten. Während die Deutsche Lufthansa ihre Staatshilfen schon komplett getilgt hat, ist das bei FTI nur zu einem kleinen Teil geschehen, den das Unternehmen öffentlich nicht genau beziffert hat. Fällig ist das Geld allerdings noch nicht, die Hilfen waren zunächst für sechs Jahre gewährt worden.

Außer Certares hatte im vergangenen Jahr auch die Rewe-Reisesparte Dertour Chancen für einen Einstieg bei FTI ausgelotet. Zusammen hätten die Nummer zwei und drei der hiesigen Reisesparte fast zum Marktführer TUI aufschließen können. Branchenkreisen zufolge waren damals Chancen auf einen Schuldenschnitt ausgelotet worden, um die Belastung durch die zurückzuzahlenden staatlichen Hilfen abzumildern. Dazu kam es allerdings nicht. Im Zusammenhang mit der aktuellen Übernahme ist von einem Schuldenschnitt auch keine Rede.

Bei FTI sind die Hoffnungen nun groß, im Zuge der Komplettübernahme durch das Certares-Konsortium eine für das Unternehmen schwierige Phase abschließen zu können. FTI-Chef Karl Markgraf sagte, der Reiseanbieter befinde sich nun in einer „einzigartigen Position für zukünftiges Wachstum und Rentabilität“. Weiter sagte er: „Wir sind entschlossen, unser nächstes Erfolgskapitel zu beginnen und unsere Position als führender Akteur im deutschen und europäischen Tourismussektor weiter zu festigen.“

Risikoärmere Strategie geplant

Noch steht die Certares-Transaktion unter dem Vorbehalt, dass Wettbewerbsbehörden zustimmen. Doch große Hürden dürfte es nicht geben. Certares ist zwar auf Engagements in der Reisebranche spezialisiert, war auf dem deutschen Markt und speziell in der FTI-Domäne des Pauschalreisegeschäfts aber bislang kaum aktiv. Der vom Amerikaner O’Hara aufgebaute Investor hält Beteiligungen an der Reise- und Bewertungsplattform Tripadvisor, am Autovermieter Hertz, am Geschäftsreisedienstleister Amex GBT sowie an der südamerikanischen Fluggesellschaft Latam. Zuletzt war der Name Certares als möglicher Käufer für die italienische Fluggesellschaft ITA aufgetaucht. Auch dort agierte der Investor in einem Konsortium. Letztlich zerschlugen sich die Kaufpläne. Aktuell läuft die wettbewerbsrechtliche Prüfung, damit die Deutsche Lufthansa ihren Einstieg bei ITA vollziehen kann.

FTI hatte vor der Corona-Pandemie einen strammen Wachstumskurs gezeigt, der allerdings auch durch ein preisaggressives Auftreten erkauft wurde. Während das Unternehmen in die hiesigen top drei der Urlaubsanbieter aufstieg, blieben die Margen stets gering. Nach der Rettung in der Pandemie hatte FTI umgesteuert. So wurde etwa die Strategie im Einkauf von Hotelkapazitäten geändert. Zuvor hatte FTI unter anderem in Ägypten große Kontingente verbindlich von Hoteliers eingekauft. Das sicherte zwar günstige Konditionen, allerdings ging auch das Risiko auf das Unternehmen aus München über, dass Zimmer mangels Nachfrage leer blieben.

Mittlerweile hat man sich auf eine risikoärmere Strategie festgelegt, die andere Reiseveranstalter auch nutzen. Zur FTI-Gruppe mit 11.000 Beschäftigten gehören auch der Last-minute-Reiseveranstalter 5 vor Flug und der Urlaubsanbieter Big Xtra, der für Reiseprospekte, die Discounter unter ihren Ladenmarken auslegen, Reisen gestaltet. Zudem hat FTI den Reiseverkaufsfernsehsender Sonnenklar TV aufgebaut.

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