AUS DER KANADISCHEN WILDNIS NACH MEIßEN: DRIFTWOOD HOLLY WIEDER DA

Der Abenteurer und Musiker Driftwood Holly ist nach seiner Hausboot-Tour auf der Elbe wieder in Meißen zu Gast. Er hat den Bassisten der Band „Silly“ an Bord.

Holger Haustein alias Driftwood Holly ist dieser Tage schwer zu erreichen. Seit Ende März tourt der 55-jährige Musiker mit seinem 2022 erschienenen vierten Album „Dream Catcher“ durch Ostdeutschland. Er kommt jetzt nach Meißen. Beim Gespräch mit sächsische.de sitzt er im Auto auf dem Weg zum nächsten Konzert. Geboren in Zwickau und aufgewachsen in Oberwiesenthal blieb Holly vor 25 Jahren auf einer Reise in die raue Wildnis Kanadas einfach dort, weil es ihm so gut gefiel. Aber er gastiert regelmäßig mit seiner Musik in der Heimat. So schipperte er 2021 mit einem selbstgebauten Hausboot die Elbe herunter und gab Ufer-Konzerte. Dabei machte er auch in Meißen Halt.

Holly, woher kam damals die Idee für Deine Elbtour?

Die „Traumfänger“ war ein Ergebnis der Corona-Lockdowns. Da waren wir als Künstler ja schlagartig arbeitslos. Weil ich zwischen zwei Ländern hänge, habe ich auch keine Fördergelder bekommen. Wir hatten vorher schon mal in Tangermünde auf einem Schiff gespielt, wo zufällig das Wasserschifffahrtsamt dabei war. Die hatte ich vor Ort gleich gefragt, ob wir nicht mal was auf der Elbe machen könnten. Ich hatte Lust, mir extra dafür ein Boot zu bauen. Die haben mir die ganzen Regularien dafür rausgesucht. Wenig später kam die Corona-Zeit. Da fiel mir auf: Oha, der Uferbereich ist noch völlig unreguliert, was Konzerte betrifft.

Die Idee stand also. Ich hab mein ganzes Abenteuerwissen in dieses Hausboot gesteckt: Es funktionierte energetisch völlig autark inklusive Solaranlage und eingebautem Soundsystem mit Bühne und Licht. In dem Sommer habe ich dann über 30 Shows an der Elbe gespielt, teilweise mit Gästen aus meiner Band. Außerdem waren meine Frau Kiki und unser Hund Ruby streckenweise mit von der Partie.

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Woran erinnerst Du Dich vom Meißner Uferkonzert, wenn Du zurückdenkst?

Am Ufer bei der Beach Bar wohnt ein Biber, der heißt wie Euer Bürgermeister (lacht). Dort hatten wir einen schönen Abend mit guten Getränken und der Burg als Kulisse. Ich habe allerdings schon mehrfach in Meißen gespielt, unter anderem im „Loch“. In die Stadt habe ich mich direkt beim ersten Besuch aufgrund seiner Geschichte und Schönheit verliebt.

Erzähl doch mal, was Dich nach Kanada verschlagen hat …

Ich war lange als Dachdecker selbstständig. Nach der Wende kam mir meine Zukunft nicht direkt langweilig aber doch sehr berechenbar vor. Da hab ich gedacht: Ich würde mir eigentlich den Planeten gerne ein bisschen anschauen, auf dem ich die Ehre habe zu leben. Durch die Abenteuerromane von Jack London war Dawson City immer auf meinem Schirm. Da hab ich mich dann einfach getraut, den Yukon-Fluss mit dem Kanu runterzustürzen. Als ich in Dawson ankam, war mir ziemlich schnell klar, dass ich dort mal eine Weile wohnen möchte. Daraus sind inzwischen 25 Jahre geworden (lacht). Zuerst habe ich das älteste Gebäude des Städtchens rekonstruiert. Jetzt hab ich flußaufwärts zusätzlich eine andere Hütte gebaut, die noch ein bisschen weiter draußen in der Natur ist.

Der Silly-Bassist Jäcki Reznicek ist auch ein großer Kanada-Fan und spielt in Deiner Band mit. Habt Ihr Euch im Yukon kennengelernt?

Wir haben uns da oben immer umgangen. Aber als Jäcki mal in Dawson war, sah er mein Auto, in dem ein Buch von Dirk Zöllner lag. Daraufhin hat er Zöllner angerufen und gesagt: „Hier liest irgend so ein Irrer Dein Buch!“. Dirk Zöllner wiederum wusste aber schon, wer ich bin und so hat dann Jäcki Kontakt zu mir aufgenommen, meine Musik gehört und gesagt: Da will ich unbedingt mitmachen - und ist in meine Band eingestiegen. Auch dabei ist sein Sohn Basti an den Trommeln und Pavel Oswald, ein tschechischer Geiger, der in Deutschland wohnt. Außerdem haben wir noch meinen kanadischen Lieblingsgitarristen Dan Stark mit.

Eure jetzige Tour führt nur durch Ostdeutschland, warum?

Wir müssen einfach nicht weiter fahren (lacht). Manchmal, wenn ich in Frankfurt aus dem Flugzeug steige, spiele ich allerdings gleich dort einen Gig um die Ecke, das wünschen sich Freunde von uns, die da wohnen. Grundsätzlich werden viele unserer Konzerte von Freunden oder Fans auf die Beine gestellt.

Es ist auch eine Art größere Familie entstanden, die uns auf der Tour folgt. Unsere Konzerte sind immer ein bisschen wie eine Therapiesession für alle. Wir haben uns gegenseitig schon durch viele schwierige Zeiten geholfen. Ich persönlich kann keine schlechte Laune aushalten und bin ein ziemlich sturer Optimist.

Wie bist Du überhaupt zur Musik gekommen?

Übers Reisen. Ich komme aus einer unmusikalischen Familie, wo Kunst nicht als Einkommensmodell oder Lebensvariante angesehen wurde. Trotzdem habe ich schon immer in Richtung Bühne geschaut. Auf meinen Reisen hatte ich dann immer eine Gitarre dabei, habe viel von anderen gelernt und gemerkt: Wow, die Musik ist wie eine zweite Familie - damit bist Du einfach sicherer unterwegs. Dann kamen irgendwann die ersten Texte. Ich habe immer Liedermacher wie Gerhard Gundermann dafür bewundert, wie sie Dinge so ausdrücken können, sodass sie einen fürs Leben stärken.

Was wirst Du als Erstes machen, wenn Du nach der Tour wieder nach Hause in den Yukon kommst?

Zuerst werde ich meine Frau und unseren Hund begrüßen, der uns hoffentlich die Bären ferngehalten hat, die jetzt um die Zeit im Yukon aus dem Winterschlaf erwachen. Dann werde ich mein Boot in den Fluss werfen, weil ich so gerne auf dem Wasser bin. Anschließend fange ich an, eine Sauna für unser Wildnis-Camp zu bauen. Dort wollen wir in Zukunft Leute zur Entschleunigung empfangen.

Gespräch: Sarie Teichfischer

Konzert am Sonntag, 21. April, um 19 Uhr in Bahrmanns Keller in Meißen.

www.driftwoodholly.com

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